Lokumbau auf Digital

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Um Lokomotiven digital zu steuern, müssen sie dafür ausgerüstet sein. Es gibt zwar auch Alternativen, wie man analoge Loks mit gewissen Tricks digital anzusteuern kann, aber das soll nicht Gegenstand dieses Artikels sein. Märklin bietet mehrere Dekoder an.

c80 (6080)

Da wäre als erstes der c80 zu nennen. Dieser Lokdekoder ist für die sogenannten Allstrommotoren gedacht. Diese erkennt man daran, das sie einen Stator mit Spule (roter Pfeil) haben. Gleichstrommotoren besitzen dagegen einen Stator mit Permanentmagneten, wie etwa die HAMO-Ausführungen mancher Loks (grüner Pfeil). Der 36 x 21 x 9 mm große c80-Dekoder hat einen achtpoligen Dip-Schalter zum einstellen einer Digitaladresse (1 bis 80). Die Umschaltung der Fahrtrichtung erfolgt elektronisch, nicht mehr wie gewohnt mit dem mechanischen Einspulenrelais. Der integrierte Speicher merkt sich die zuletzt eingestellte Geschwindigkeit und Fahrtrichtung bis zu mehrere Stunden lang. Mit Ablauf dieser Zeit steht der Dekoder auf Vorwärts, Fahrstufe 0, Licht aus. Der Dekoder hat eine schaltbare, richtungsabhängige Zusatzfunktion für Licht oder ähnliches mit einer maximalen Belastbarkeit von 2 x 0,2 A.

Umbau

Als erstes wird der mechanische, bzw. elektronische Fahrtrichtungsumschalter (blauer Pfeil) aus der Lokomotive entfernt. An diesen Platz wird der Dekoder geklebt. Bei neueren Loks mit elektronischer Umschaltung kann die Dekoderplatine anstelle der Umschaltplatine in die selbe Halterung geklemmt werden. Das rote Kabel des c80 wird mit dem Schleifer verbunden, wärend das braune die Masse repräsentiert. Damit ist die Strom- und Informationsversorgung des Dekoders gewährleistet. Das schwarze Kabel wird mit der Drosselspule des Motors verlötet. Die andere Seite der Drossel ist mit dem einen Bürstenanschluß verbunden. Die blauen und grünen Kabel werden an die Feldspule des Stators gelötet (oranger Pfeil).
Das graue Kabel wird mit der Glühbirne für die Frontbeleuchtung verbunden, das gelbe mit der hinteren Glühbirne. Besonders ist es wichtig darauf zu achten, das diese beiden Kabel nicht die Masse berühren, sonst ist der Dekoder sofort zerstört. Selbst die Birne sollte auf Kurzschluß geprüft werden. Nun ist die Lok fahrbereit. Sollte bei Vorwärtsfahrt die hintere Birne brennen, ist das blaue mit dem grünen Kabel zu vertauschen. Die Vorzugsfahrtrichtung ist bei fast allen Loks Schleifer vorraus.

Probefahrt

Wenn alles korrekt verlötet ist, kommt der spannende Augenblick. Ich checke als erstes immer die Lichtfunktion. Wenn diese nicht funktioniert, sofort alles prüfen! Ein Dekoder ist schnell durchgebrannt. Wer jetzt erwartet, das sich nach dem senden der Fahrstufe 1 durch den Computer die Lok sich langsam in Bewegung setzt, wird enttäuscht sein. Der Motor brummt nur. Auch bei Fahrstufe 2 und 3 fahren die meisten Loks noch nicht los, bestenfalls rucken sie ein bißchen. Dafür rasen die bei Fahrstufe 4 dann mit überhöhter Geschwindigkeit los. Ein vernünftiges rangieren ist mit einem c80 kaum möglich.
Eine konstante Geschwindigkeit kist mit einem c80 schlecht realisierbar. Ich hatte mal eine Lok die etwa 2 Meter weit mit Fahrstufe 3 fuhr, und dann stehen blieb und vor sich hin brummte. Wenn man von Fahrstufe 0 auf Fahrstufe 4 beschleunigte, fuhr sie halbwegs konstant mit etwa 60 km/h (Maßstab 1:87). Wenn man aber von Fahrstufe 6 auf 4 herunterschaltete, fuhr sie konstant mit 80 km/h. Ein weiteres Problem sind Bergfahrten. Hier muß um einige Fahrstufen heraufgeschaltet werden, damit die Lok nicht stehen bleibt. Im Gegensatz dazu fängt sie bei der Talfahrt das Rasen an. Hier heißt es also einige Fahrstufen zurückschalten, und in der Ebene angekommen, wieder ein oder zwei Fahrstufen heraufschalten um die normale Reisegeschwindigkeit zu erhalten. Die Ursache für das Verhalten ist eine fehlende Lastregelung. Wenn ein Motor Strom erhält, setzt sich der Rotor normalerweise in Bewegung. Dadurch wird durch die Wechselwirkung zwischen dem Magnetfeld des Stators und den Spulen des Rotors ein Induktionsstrom erzeugt, der zum Dekoder zurück fließt. Wenn man nun diesen Strom auswertet, kann man feststellen ob und wie schnell sich der Rotor dreht.

c90 (6090)

Das macht der Dekoder c90. Sendet man z.B. Fahrstufe 1 dreht sich der Rotor nicht, weil der Dekoder zu wenig Strom liefert. Es ist eigentlich nicht zuwenig Strom, da die Spannung bei der Impulsbreitensteuerung immer gleich hoch ist, sondern die Breite der Impulspakete ist zu gering, um den Rotor zu bewegen. Da sich der Rotor noch nicht bewegt, liefert er auch keine Gegen-EMK. Das bemerkt der Dekoder und verbreitert die Impulspakete so lange, bis die Gegen-EMK meßbar ist. Das ist für den c90 das Zeichen, das die Lok fährt. Wird die Gegen-EMK zu hoch, regelt der Dekoder entsprechend zurück. Durch dieses blitzschnelle, permanente herauf- und herunterregeln kann der Motor auf einer stabilen Drehzahl gehalten werden. Bei der Fahrstufe 1 fährt eine c90-Lok mit etwa 10 km/h ohne zu rucken oder zu stottern. Da kommt beim rangieren richtig Freude auf, aber die Gleise müssen sauber sein!
Besonders wirksam ist diese Lastegelung im Gebirge. Auf der Steigung regelt der Dekoder so lange nach, bis die Sollgeschwindigkeit mit der Istgeschwindigkeit übereinstimmt. Das funktioniert auch mit schweren Zügen. Bei der Talfahrt regelt der c90 entsprechend zurück. Da kann man sich um das eigentlichen Fahren kümmern und nicht dauern überlegen, ob die Lok im verdeckten Anlagenteil zu schnell oder zu langsam ist. Entgleisungen wegen überhöhter Geschwindigkeit bei Talfahrten gehören der Vergangenheit an. Weitere Features des c90 sind eine einstellbare Höchstgeschwindigkeit mittels eines Potentiometers auf dem Dekoder. Damit kalibriere ich all meine Loks so, das sie bei Fahrstufe 10 etwa 100 km/h fahren. Soll eine Lok ein einem Hp2 (Langsamfahrt) zeigendem Signal mit 40 km/h vorbei fahren, sende ich einfach Fahrstufe 4 und die Geschwindigkeit stimmt. Ein weiterer Vorteil zeigt sich bei der Doppeltraktion verschiedener Loks. Das war früher unmöglich, da unterschiedliche Getriebeübersetzungen zu beachtlichen Geschwindigkeitsdifferenzen führten. Jetzt ist es sogar möglich eine Lok im Schubbetrieb HINTER den Zug zu setzen, ohne das Waggons in der Mitte entgleisen. Ich habe es lange ausprobiert, und selbst in engen Kurven oder Weichen gab es keinerlei Probleme.
Und noch ein Feature bietet der c90: die Anfahr/Bremsverzögerung. Wenn man aus dem Stand auf Fahrstufe 10 schaltet, rasen normale Digitalloks sofort los. c90-Lokomotiven beschleunigen dagegen vorbildgerecht langsam, bis die gewünschte Geschwindigkeit erreicht ist. Damit es bei der Doppeltraktion keine Probleme gibt, stelle ich das Poti auf dem Dekoder so ein, das alle Loks einen identischen Bremsweg von Fahrstufe 2 auf 0 haben.

6090-Umbau

Dieser Umbau ist etwas aufwendiger, als beim c80, da der c90 nur mit einem Gleichstrommotor zusammen arbeitet. Laut Märklin funktioniert der Umbau zuverlässig nur mit neueren Trommelkollektormotoren (DCM = drum collector motor), aber ich habe es auch erfolgreich bei alten Scheibenkollektormotoren (LFCM = large flat collector motor) geschafft. Zuerst mal zu den DCMs. Dazu benötigt man den Umrüstsatz 6090. Dieser beinhaltet Motorschild mit zwei Kohlen (roter Pfeil), einem Stator mit Permanentmagnet (grüner Pfeil), einem fünfpoligen Gleichstromrotor (violetter Pfeil) und dem Dekoder (weißer Pfeil) mit zwei Drosseln (oranger Pfeil) mit je 3,9 uH +-10%.
Zuerst müssen, wie beim c80-Umbau der alte Fahrtrichtungsschalter entfernt werden. Dann muß der Motorschild abgeschraubt und der dreipolige Wechselstromrotor(blauer Pfeil) gegen den fünfpoligen Gleichstromrotor (violetter Pfeil) getauscht werden. Lokomotiven mit der Katalognummer 35xx haben einen fünfpoligen Wechselstromrotor (schwarzer Pfeil), der aber auch gegen die Gleichstromversion mit den kleineren Wicklungen getauscht werden muß. Der Stator mit den Wicklungen muß ebenfalls dem neuen aus dem 6090-Set weichen. Als nächstes müssen die Drosseln am Motorschild angelötet werden. Diese dienen nicht nur zur Funkentstörung, sie schützen auch den Dekoder vor hochfrequenten Spannungsspitzen der Gegen-EMK. An die Drosseln werden wiederum das blaue und grüne Kabel des Dekoders angelötet. Die restlichen Dekoderkabel, mit Ausnahme des schwarzen, sind identisch zum c80.

LFCM

Die 6090-Umbauten werden von Märklin so empfohlen und können in dem Buch Einstieg in Märklin Digital - die Mehrzugsteuerung (0308) nachgelesen werden. Diese Umbauten werden auch vom Märklin-Händler vorgenommen. Problematisch wird es mit alten Lokomotiven mit LFCM. So mancher Händler ist der Meinung, das diese nur auf c80 umgerüstet werden können, weil der fünfpolige Rotor zu klein ist. Dieser ist aber nicht zwingend, wie das Beispiel der 3722 zeigt. Diese Lok gibt es nur mit LFCM. Ich habe zwei dieser alten Loks mit LFCM umgebaut und der dreipolige Rotor läuft aus dem Stand heraus etwas ruckartig, aber diese Unterschiede sind minimal. Die Anfahr/Bremsverzögerung sowie die Lastregelung funktionieren genauso gut. Der Motor klingt nur etwas rauer. LFCM sind als Wechelstrommotoren konzipiert, d.h. das Magnetfeld wird in zwei Spulen erzeugt, die um den Stator gewickelt sind. Die Änderung der Drehrichtung des Rotors wird bewerkstelligt, indem jewils nur eine Spule von Wechselstrom durchflossen wird. Mit normalem Gleichstrom ist das so nicht möglich.

HAMO

Damit der c90-Dekoder einen LFCM korrekt steuen kann, muß auch dieser auf Gleichstrombetrieb umgebaut werden. Der Stator aus dem 6090-Set paßt natürlich nicht. Märklin brachte einige Lokmodelle auch als Gleichstromversionen unter dem Namen HAMO heraus. Diese Motoren haben einen Stator mit Permanentmagneten, den man auch als Ersatzteil bestellen kann. Es gibt zwei Versionen: Der am Anfang diesen Artikels abgebildeten großen für den hier zum Umbau anstehenden LFCM und einen kleineren für den SFCM (small flat collector motor). Der SFCM-Rotor (gelber Pfeil), der sich z.B. in dem Akkutriebwagen 515 findet, kann für den Betrieb mit dem c90-Dekoder weniger geeignet sein. Es gibt manchmal Probleme beim Anfahren. Der 6090-Motor ist zwar auch nicht größer, aber die Magnetkraft des Stators ist deutlich höher als bei einem HAMO-Stator für den SFCM und sogar größer als bei einem HAMO- LFCM-Stator. Eine einzige Ausnahme ist der LFCM-Stator in der 3722 (E94), der zwei superstarke Magneten des Typs 7558 beinhaltet.
Als erstes muß auch hier der mechanische Fahrtrichtungsschalter entfernt und der Allstrom-Stator gegen den HAMO-Stator (grüner Pfeil) getauscht werden. Rotor und Motorschild bleiben unverändert, gegebenfalls muß der Kollektor gesäubert und Kohle/Bürste ersetzt werden, um unnötige Funkenbildung zu vermeiden. Vor dem Einsetzen des Rotors in das Getriebegehäuse fette ich alle schnellaufende (und nur diese) Zahnräder mit Robbe Teflonfett. Zu viel Fett auf den radnahen (langsamlaufenden) Zahnrädern tritt nach kurzer Zeit aus, und verschmiert die Schienen. Desweiteren wird die Achse des Rotors bzw. die Lagerbohrungenen in Getriebeblock und Motorschild gefettet. Das von Märklin empfohlende Öl benutze ich nicht mehr. Es ist sehr dünnflüssig und hat kaum Schmiereigenschaften, da es sich nicht lange im Motor hält. Bei mir waren durch das Öl die Schienen so rutschig geworden, das die Loks schon in der Ebene Anfahrprobleme mit schweren Zügen hatten, von den Steigungen ganz zu schweigen.
Bedingt durch das permanent aktive Magnetfeld läßt sich der Motor nach dem Zusammenbau schwerer von Hand durchdrehen, aber er sollte doch ohne zu rucken beweglich sein. Nun müssen nur noch wie zuvor beschrieben die Kabel des Dekoders angelötet werden, und dann sollte die Lok in etwa so aussehen.. Dort ist der Dekoder(blauer Pfeil) mit doppelseitigen Klebeband überkopf auf dem Fahrgestell montiert. Das Plastikgehäuse ist gegenüber den Potis/DIP-Switches offen. Dort befinden ich die Leistungstransistoren, die recht warm werden können. So ist eine gute Wärmabfuhr gewährleistet. Gut zu sehen sind die neue Kupferbürste und Kohle (rote Pfeile), daneben der HAMO-Stator (grüner Pfeil). Loks die älter als 10 Jahre sind, sollten neuere Glühbirnen bekommen, da sie, bedingt durch die höhere Spannung im Digitalsystem, zu hell sind und zu heiß werden. Die neuen Glühbirnen sind dagegen angepaßt. Bevor man die erste Probefahrt macht, sollte nochmals die Verkabelung überprüft werden. Besonders die Funktionsausgänge reagieren selbstzerstörerisch wenn das gelbe oder graue Kabel die Masse berührt. Es soll sogar in einer Glühbirne selbst, bedingt durch einen Fabrikationsfehler, mal einen Kurzschluß gegeben haben. Das hatte zur Folge, das der Dekoder sofort zerstört war.

Probelauf

Zuerst muß das Mäuseklavier auf eine der 80 Adressen eingestellt werden. Wenn die Lok aufgegleist ist, und nach einschalten des Stroms keine Rauchzeichen von sich gegeben hat oder unvermittelt losrast, ist es ein gutes Zeichen. Ich aktiviere als erstes das Licht. Bedingt durch Dekodergedächnisverlust nach längerem Stromausfall sollte die Vorzugsfahrtrichtung Schleifer vorraus sein, d.h. die Birne am grauen Kabel brennt. Einzige Ausnahme sind Dampfloks, bei denen eindeutig erkennbar ist, wo vorn ist. Diese Regelung gilt für alle Loks, die im Werk mit einen Dekoder ausgerüstet worden sind. Stimmt der Lichtwechsel nicht mit der Fahrtrichtung überein, d.h. bei Vorwärtsfahrt die hintere Birne brennt, muß das blaue Motorkabel gegen das grüne getauscht werden.

Viel Erfolg beim Umbau...