E 94 mit 6090

Deutsches Krokodil

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Seit längerer Zeit dreht die E 94 279 (3722) auf meiner Bahn zuverlässig ihre Runden. Es ist die einzige Lok von Märklin, die serienmäßig einen alten LFCM und einen geregelten 6090 Dekoder hat. Die Zugkraft und das Fahrverhalten ist mit anderen 37xx-Loks durchaus zu vergleichen, nur das Motorgeräusch ist, bedingt durch den dreipoligen Rotor, etwas rauher. Ermuntert durch diese Motor-Dekoder Kombination baute ich selbst einige meiner LFCM-Loks um, mit unterschiedlichem Erfolg. Meist fuhren sie zu schnell, wie z.B. meine BR 103. Trotzdem sah ich mich auf Börsen immer wieder mal nach gebrauchten Loks um. Eines Tages entdeckte ich dort eine 3022 von 1966-1970, die preislich deutlich unter der Koll-Empfehlung lag. Sie trug die Bezeichnung E 94 276 und paßte so perfekt zu meinem anderen deutschen Krokodil mit der Nummer E 94 279. Diese Loks sehen in Doppeltraktion vor einem schweren Zug einfach großartig aus.

Die beiden Loks unterscheiden sich nicht nur in der Nummer. Die alte 3022 hat kein "Sonnenschutzdach" über den Frontfenstern, wie die 3722 und die Kühlschlange an den Drehgestellblenden sind silberfarben. In den 60er Jahren hatte Märklin nur eine Art von Dachstromabnehmern bei allen Elektroloks, den DBS 65. Sowas paßt natürlich garnicht zu einem Epoche 3-Krokodil, sodaß ich den SBS 10 (7202) montierte. Den Originalpantograph der 3722 konnte ich nicht nehmen, weil er ohne Isolatoren geliefert wird. Diese Isolatoren sind auf das Dach der 3722 geklebt und ich hatte keine Ersatzteilnummer um sie zu bestellen. Eine andere Lösung wäre der Sommerfeldt Panthograph 978.

Als erstes entfernte ich das dreiteiliges Gehäuse und schraubte den mechanischen Fahrtrichtungsumschalter ab. An dem senkrecht stehenden Blechstreifen könnte man einen Dekoder stehend montieren, aber das war mir zu wackelig. Ich trennte das Teil mit einem kleinen Trennschleifer ab und glättete eine Beule im Lokboden. Jetzt konnte ich eine Dekoderhalteplatte 25 88 20 aufkleben und einen 6090 Dekoder einklipsen. Um den Stator zu wechseln, muß der ganze Motor ausgebaut werden. Dazu entfernt man die senkrechte Schraube direkt vor den Statorwicklungen und zieht das ganze Antriebsteil nach hinten heraus. Nun kann man bequem das Motorschild abschrauben und einen HAMO-Stator 22 05 60 einbauen. Nachdem ich alles mit Teflonfett gescmiert hatte, baute ich den Motor wieder zusamen und prüfte, ob sich der Rotor relativ leicht drehen ließ. Das war der Fall und ich schob das Antriebsteil in die zangenförmige Ausbuchtung des Rahmens zurück. Es war etwas schwierig die Schraube vor dem Stator (damit das Antriebsteil nicht herausrutschen kann) wieder anzubringen, weil der Magnet des neuen Stators "gierig" an der Schraube zog. Damit ist der mechanische Umbau abgeschlossen.

Nun galt es den Dekoder zu verkabeln. Das rote Kabel kam an den Schleifer und das braune an die Massefahne des Motorschildes. Damit die vordere Bajonettbirne ebenfalls einen ordentlichen Massekontakt hat, ist dort ebenfalls eine Kabelverbindung vorgesehen. Das blaue und das grüne Kabel wird über zwei Drosseln mit dem Motorschild verbunden. Später hakte das Gehäuse etwas beim abnehmen, sodaß ich die Drosseln vom Motorschild ablötete und nehe dem Dekoder positionierte. Außerdem sah es nicht besonders gut aus, wenn bunte Drosseln genau hinter dem Fenster sind. Das graue Kabel führt zur vordere Birne und das gelbe zur hinteren. Da diese Lok noch die alten Bajonettbirnen hat brennen sie im Digitalbetrieb zu hell, was natürlich zur Verkürzung der Lebendauer führt. Um das zu kompensieren lötete ich vor jede Birne einen 80 Ohm Widerstand. Diese Bajonettbirnen haben keine massefreie Rückleitung, sondern Kontakt zum Rahmen, deshalb würde die Lokbeleuchtung flackern. Ich lötete meine kleine "Entflackerungsplatine" dazwischen. Wie die aufgebaut ist, steht auf Seite 15: Kondensatorlösung. Wenn bei eingeschaltetem Licht ein leichtes Summen zu hören ist, dann ist das völlig in Ordnung. Damit es bei Berührung mit dem Metallgehäuse zu keinem Kurzschluß kommen kann, habe ich diese Miniplatine mit Klebeband umwickelt.

Nun mußte die Lok bei der Probefahrt beweisen, ob die "Digitalisierung" geglückt ist. Die Lok schaffte bei Fahrstufe 10 die 100 km/h-Marke und das Poti für die Höchstgeschwindigkeit mußte nichteinmal auf minimum stehen. Leider zeigte sich der Motor im Rückwärtsgang weniger leistungsfreundlich. So schaffte die Lok bei Fahrstufe 10 nur 85 km/h. Es schien wiedermal ein unpräzise gefertigter Rotor zu sein (siehe auch Letzte Meldungen: Oktober 1999). Den Anfahrtest am Berg schaffte die Lok ebenfalls nicht ganz. Da der Stator genauso viel Magnetkraft hat wie bei der 3722, vermute ich Fertigungstoleranzen bei den 6090-Dekodern. Manche Dekoder sind stärker und regeln besser als andere. Dieser Dekoder stammte ursprünglich aus einer Dampflok BR 41, wo er auch schon durch seine Kraftlosigkeit auffiel. Die Geschwindigkeitsdifferenz bei der Vor- bzw. Rückwärtsfahrt konnte ich beheben, indem ich den Rotor meiner 103 nahm, die sowieso auf DCM umgebaut wurde. So gesehen ist dieser Umbau, abgesehen von der geringeren Anfahrzugkraft, geglückt.

Das Vorbild:

E94 262 bis E94 285 (194.5)
Baujahr 1953-54
Stundenleistung: 4680 kW/6364 PS bei 68 km/h
Höchstgeschwindigkeit: 90 km/h
Masse: 123 t
LüP: 18600 mm
Achsfolge: Co´Co´
Treibrad Durchmesser: 1250 mm

In den Jahren 1953/54 beschaffte die DB weitere 43 Lokomotiven der Baureihe E 94, wobei neben AEG und SSW/Kraus-Maffei erstmalig auch BBC, Henschel und Krupp beteiligt wurden. 24 Lokomotiven erhielten einen auf 830 KW/1129 PS verstärkten SSW-Motor des Typs WBM 487 sowie einem Transformator mit erhöhter Leistungsfähigkeit. Auf Grund dieser Modifikation wurden diese Maschinen als Baureihe E 94.2 mit den Betriebsnummern E 94 262 - E 94 285 bezeichnet. Das Co´Co´-Laufwerk mit Kuppeleisen verbundenen Triebgestellen bestand aus jeweils drei Treibradsätzen ohne Seitenspiel. Der mittlere Treibsatz hatte um 10 mm geschwächte Spurkränze. Die Laufeigenschaften galten für damalige Verhältnisse als beachtlich. Probleme bereitete anfangs die überdurchschnittlich hohe Spurkranzabnutzung beim Einsatz auf den alpinen Bergstrecken. Für Abhilfe sorgte später eine Spurkranzschmierung. Der Tatzlagerantrieb verfügte über beidseitig schrägverzahnte Getriebe (Übersetzung 20:79). Sechs fremdbelüftete zehnpolige Wechselstrom-Reihenschlußmotoren mit Erreger, Kompensations- und Wendepolwicklung sorgten für eine ausreichende Zugkraft. Die Steuerung bildete ein manuell zu betätigendes Nockenschaltwerk mit Kollektor-Feinregler sowie Zusatztransformator und Stromteiler mit 18 Dauerfahrstufen. Zusätzlich erhielten alle Loks eine fremderregte elektrische Widerstandsbremse. Der hohe Dachaufbau beherbergt die Bremswiderstände. Die E 94 war neben der E 18/E 19 und der E 44 die technisch ausgereifteste Elektrolok der Vorkriegszeit. Die E 94 279 ist Museumslok der DB.